Als die Menschenrechtler zur Waffe griffen

Vor 20 Jahren bombardierte die Nato Jugoslawien. Für Deutschland war der Krieg der erste seit 1945

Der Jubiläumsgipfel vor 20 Jahren konnte terminlich passender nicht fallen. Seit vier Wochen fielen Nato-Bomben auf Restjugoslawien, als am 24. und 25. April 1999 in Washington das 50-jährige Jubiläum des Nordatlantikpaktes gefeiert wurde. Gegründet 1949 im Zeitalter des Kalten Krieges, geriet das Militärbündnis mit dem Untergang des Sozialismus in Osteuropa in eine Sinnkrise. Die Aufgabe, Verteidigung gegen die angeblich expansive Sowjetunion, war hinfällig. Weiterlesen

Gutes Nein in schlechter Gesellschaft

Über Querfront-Vorwürfe nach dem niederländischen Referendum über das EU-Assoziierungsabkommen mit der Ukraine

»Kremlhörige Linke« und Rechtspopulisten haben als »Links-rechts-Querfront« ihre Feuertaufe bestanden, kommentiert die »Welt« das niederländische Votum gegen das EU-Assoziierungsabkommen mit der Ukraine. Das ist nur ein Beispiel für die fast einhellige Ablehnung des Abstimmungsergebnisses in liberaler Presse und Politik. Das ist zu kurz gedacht. Weiterlesen

Ideologische Durchdringung und Interessen

Erhard Crome, Der libysche Krieg des Westens, spotless im Verlag Das Neue Berlin,
Berlin 2011, 94 S., 5,96 Euro.

In mancher Hinsicht scheint die Bürgerkriegssituation in Syrien und die Reaktion der sog. Internationalen Gemeinschaft hierauf Parallelen zum Fall Libyen aufzuweisen. Eine befriedigende analytische Aufarbeitung des NATO-Bombenkrieges zugunsten der libyschen Rebellen steht hingegen noch aus. Insbesondere eine antimilitaristische oder friedensbewegte Linke muss sich dem jedoch stellen, will sie nicht in die Falle des dichotomischen »Der Feind meines Feindes ist mein Freund«-Schemas tappen. Weiterlesen

Illegitim trotz UN-Sicherheitsratsbeschluss

Der vom UN-Sicherheitsrat mandatierte Luftkrieg gegen den vom zuverlässigen Öllieferanten und Verbündeten des Westens im Kampf gegen Migranten»ströme« zum Diktatoren und »Schlächter seines Volkes« mutierten Gaddafi bringt auch das Argumentationsgerüst mancher Linker ins Wanken. Kann man gegen einen Krieg Position beziehen, der im Gegensatz zum Irakkrieg 2003 in Einklang mit dem Völkerrecht steht und zudem noch humanitär begründet wird? Weiterlesen

Der einmalige emotionale Augenblick

Durch zahlreiche empirische Belege ist bewiesen: Im Krieg stirbt zuerst die Wahrheit. Das scheint nun auch auf den Bürgerkrieg in Libyen und die sich anbahnende militärische Intervention von NATO-Staaten zuzutreffen. Die FAZ schreibt: »Doch die Lage könnte sich schnell ändern, sollte etwa die Weltöffentlichkeit durch einen besonders blutigen Angriff der Streitkräfte Gaddafis auf die Zivilbevölkerung erschüttert werden. Ranghohe Diplomaten verweisen auf den ›einmaligen emotionalen Augenblick‹, den der libysche Botschafter bei den vereinten Nationen mit seinem Plädoyer für Sanktionen gegen Gaddafi erzeugte. Daraufhin hab der Sicherheitsrat das Ansinnen einstimmig unterstützt.« (FAZ 10.3.2011) Weiterlesen

Schaden vom Land abgewendet?

Als wir am 30.5.2010 den Kommentar zu Horst Köhlers imperialistisch anmutenden Afghanistan-Äußerungen auf unsere Homepage stellten, hätten wir niemals gedacht, dass der Bundespräsident einen Tag später zurücktreten würde. In seiner Begründung bemerkte er, dass insbesondere die Unterstellung, er befürworte Einsätze der Bundeswehr, die vom Grundgesetz nicht gedeckt wären, den notwendigen Respekt vor dem Amt des Bundespräsidenten vermissen lässt. Und wörtlich: „Diese Kritik entbehrt jeder Rechtfertigung.“ Weiterlesen

Humanitäre Nasen

Der deutsche politisch korrekte Mainstream mag es nicht, wenn man von ökonomischen Interessen spricht – schon gar nicht in Verbindung mit Krieg. Denn das klingt nach Kolonialismus und Imperialismus, also nach längst vergangenen Zeiten. Insofern ist Horst Köhlers Bemerkung, wonach „ein Land unserer Größe mit dieser Außenhandelsorientierung und damit auch Außenhandelsabhängigkeit auch wissen muss, dass im Zweifel, im Notfall auch militärischer Einsatz notwendig ist, um unsere Interessen zu wahren, zum Beispiel freie Handelswege,…“ in der Tat „ein Tabuthema“, wie es auf Spiegel-Online heißt. Weiterlesen

Anstelle Skandalisierung: Kritik der Normalität

Gewiss: Der Rücktritt von Minister Jung und die Entlassungen des Generalinspekteurs der Bundeswehr Wolfgang Schneiderhahn sowie des Staatssekretärs Peter Wichert sind berechtigt. Gleichwohl birgt der Vorgang eine Gefahr: mit der Konzentration auf den Skandal des individuellen Versagens könnte die Beurteilung der alltäglichen Kriegspolitik der deutschen Regierung aus dem Fokus geraten. Allerdings besteht die Chance, über die Kritik des Skandals zur Infragestellung des Afghanistankrieges im Allgemeinen vorzustoßen. Weiterlesen

Eine neue Dimension

Es hat erst 30 tote afghanische Zivilisten und 69 Taliban gebraucht, um den bundesdeutschen Wahlkampf auf der Zielgerade aus seiner Lethargie zu reißen. Der von der Bundeswehr in der Nacht zum 4. September angeforderte US-Luftangriff auf zwei Tanklaster in der Nähe von Kundus markiert einen Wendepunkt des deutschen Kriegseinsatzes im Rahmen der ISAF-Mission in Afghanistan. Doch schon zuvor hatte es entsprechende Anzeichen gegeben: Am 22. Juli 2009 zitierte die FAZ den Bundeswehr-Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan angesichts der Verschlechterung der Lage im Raum Kundus mit folgenden Worten: Weiterlesen