Was bringen Ökosteuern?

Die sozialen Unruhen in Frankreich diskreditieren nicht das Instrument der CO2-Bepreisung, sondern eine Art der Umsetzung«, ist sich Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer der NGO Germanwatch sicher. Auch andere Klimaschützer_innen zeigen sich besorgt, dass der Protest der Gelbwesten, der sich bekanntlich an der Ökosteuer auf Benzin und Diesel entzündete, ein richtiges Instrument zur Förderung der Verkehrswende in Verruf bringe. Doch stimmt das?

Zunächst ist zu konzedieren, dass die Umsetzung von CO2-Bepreisungen in der Tat auf sehr verschiedene Weise erfolgen kann. Das Argument von Umweltschützer_innen lautet, dass die Einführung einer Ökosteuer auf Treibstoffe sozial ausgeglichen erfolgen müsse. So könne das Problem umgangen werden, das mit Verbrauchs- oder Konsumsteuern stets verbunden ist: Menschen mit wenig Geld schmerzen bereits 50 Euro mehr monatlich für Benzin, während Reiche das aus der Portokasse zahlen. Genau das war der Auslöser für die Gelbwestenproteste.

Beispiele aus der Schweiz, Kanada oder Schweden zeigen tatsächlich, dass eine höhere Besteuerung von fossilen Brennstoffen mit einem sozialen Kompensationsmechanismus verbunden werden kann, der zur Akzeptanz der Ökosteuer führt. So erhalten in der Schweiz Bürger_innen und Unternehmen die Einnahmen aus der CO2-Abgabe auf Heizöl und Erdgas einmal jährlich als Ökobonus über die Krankenversicherung zurück. Die Abgabe dient somit nicht der Erhöhung von Staatseinnahmen, sondern als ökologisches marktwirtschaftliches Lenkungsinstrument. Über Preisanreize soll der Verbrauch verringert werden. Für Schweizer Haushalte besteht ein Anreiz, weniger Heizöl zu verbrauchen oder auf Erneuerbare umzusteigen. Für Treibstoffe gilt die CO2-Abgabe indes (noch) nicht.

In Schweden gibt es bereits seit 1991 eine CO2-Steuer. Parallel wurde die schon länger erhobene Energiesteuer halbiert. Im Gegensatz zur Schweiz fließen die Einnahmen in den Staatshaushalt und nicht direkt an die Bürger_innen zurück.

Haben die CO2-Steuern etwas gebracht? Zwar sind in der Schweiz bis 2014 die Emissionen gesunken, doch danach wieder gestiegen. Auch in Schweden ist der Ausstoß gesunken. Doch ob das an der Bepreisung von CO2 lag, ist kaum auszumachen. Für Schweden gehen Schätzungen davon aus, dass deren Anteil lediglich bei wenigen Prozentpunkten lag.

Gerade beim Autoverkehr ist zudem eine Lenkungswirkung über eine CO2-Steuer in Zweifel zu ziehen. Denn ohnehin ist Benzin in Europa schon hoch besteuert. In Deutschland wurde mit der Ökosteuer ab 1999 die Besteuerung noch einmal erhöht. Eine Verkehrswende ist ausgeblieben. Im Gegenteil: Immer mehr Autos und SUVs mit hohem CO2-Ausstoß wurden verkauft.

Ist also eine Besteuerung von Treibhausgasen ein stumpfes Schwert im Kampf gegen den Klimawandel? Zwar kann eine sozial ausgeglichene Bepreisung als Einstieg für ökologische Reformen dienen, zu mehr aber nicht.

Denn was besagt ein Preis für CO2? Dass Verschmutzung ok ist – sofern ein Preis dafür bezahlt wird. Verschmutzung ist aber an sich ein Problem – egal, ob dafür Geld per Steuer, Abgabe oder Gebühr entrichtet wird oder nicht. Ökosteuern setzen somit an der falschen Stelle und bei den falschen Akteuren an. Anstatt in der Zirkulationssphäre bei den Konsument_innen mit Steuern, wäre es besser, in der Produktion durch Regulierungen und Verbote anzusetzen. Also dort, wo das Problem entsteht. So könnte man Verbrennungsmotoren verbieten und parallel durch den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrssystems den Ausstieg aus der individuellen Mobilität einläuten. Nicht nur der CO2-Ausstoß würde dann drastisch sinken, sondern auch Stickstoff-, Feinstaub- und Lärmemissionen. Dass man mit staatlichen Verboten durchaus Erfolge erzielen kann, zeigt beispielsweise das Montreal-Protokoll von 1987. FCKW wurde verboten, und heute beginnt sich das Ozonloch wieder zu schließen.

Im Übrigen setzt eine Steuer auf Benzin und Diesel ja voraus, dass weiterhin Benzin oder Diesel verbraucht werden. Das steht einer radikalen Transformation entgegen, die darauf abzielt, fossile Brennstoffe dort zu belassen, wo sie sind. Das freilich schmeckt großen Unternehmen, weil sie bei Verbrauchssteuern keine staatlichen Vorgaben oder gar Eingriffe in die Besitzverhältnisse befürchten müssen. Kein Wunder, dass sich immer mehr Konzerne für die CO2-Bepreisung (und Emissionshandelssysteme) einsetzen.

In der Monokultur von CO2-Bilanzen würden wirkliche Alternativen im wahrsten Sinne des Wortes undenkbar, schreibt Camila Moreno. (ak 642) Das gilt gerade auch für Ökosteuern auf Treibstoffe. Dass Umweltverbände und NGOs zunehmend auf marktwirtschaftliche anstatt auf ordnungspolitische Umweltschutzinstrumente setzen, zeigt, wie stark das Mantra des Marktes wirkt.

aus: analyse & kritik 645, 15.1.2019

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