Über Vorwürfen der Visegrad-Staaten an Lebensmittelkonzerne, im Osten Europas schlechtere Nahrungsmittel zu vertreiben
Zuzutrauen wäre es beiden: Große Lebensmittelkonzerne stellen im Kapitalismus Nutella, Knorr-Tütensuppen oder Coca-Cola nicht in erster Linie her, um Bedürfnisse der Konsumenten zu befriedigen. Das ist Mittel zum Zweck der Profiterzielung. Insofern ist denkbar, dass Unilever, Ferrero oder der Getränkekonzern ihre Produkte in osteuropäischen Ländern mit weniger Kakao, einem geringeren Fleischanteil oder anderem Zucker vertreiben. Das kann Kosteneinsparungen in Millionenhöhe bringen.
Aber auch den Politikern in Bratislava, Warschau, Budapest oder Prag, die das jetzt erneut den Konzernen vorwerfen und mehr Vorgaben durch die EU fordern, ist zuzutrauen, dass sie ein Thema populistisch ausschlachten, das jedem auf den Magen schlägt. Die EU ist – rein rechtlich gesehen – ohnehin die falsche Adresse. Denn das geltende Recht besagt: Wenn das Kleingedruckte auf den Produkten korrekt angibt, was in den Lebensmitteln enthalten ist, ist Iglo, Unilever und Co. kein Strick daraus zu drehen. Und das ist der Fall. Eine andere Frage ist, welche Folgen diese Rechtslage für das Ansehen des europäischen Projektes hat, wenn die 55 Millionen Konsumenten in den Visegrad-Staaten den Eindruck haben, als Resterampe westeuropäischer Konzerne zu dienen.
aus: neues deutschland, 7.3.2017