Die Ausstellung »Out of Office« im Hamburger Museum der Arbeit
Noch mal Glück gehabt: Die Wahrscheinlichkeit, dass in Zukunft ein Roboter durch die hier zu besprechende Ausstellung stampft und eine Ausstellungsbesprechung schreibt, ist nicht hoch. Nur 20 Prozent der journalistischen Tätigkeiten können durch einen Roboter ersetzt werden. Bei anderen Berufen sieht es düsterer aus. Kassiererinnen können schon heute durch Computer wegrationalisiert werden, bei Bankangestellten ist es nur wenig besser.
Das sagt zumindest der »Job Futuromat«, eine Software, die Auskunft darüber gibt, welche Tätigkeiten schon heute automatisiert erledigt werden können. Studien zufolge sind fast die Hälfte der heutigen Jobs durch selbstlernende Maschinen und Künstlicher Intelligenz (KI) bedroht.
Der »Job Futuromat« ist Teil der Ausstellung »Out of Office. Wenn Roboter und KI für uns arbeiten« im Hamburger Museum der Arbeit. Sie wirbt für eine sachliche Auseinandersetzung jenseits von Horrorszenarien und kritikloser Technikgläubigkeit. Welche Umbrüche durch Roboter und KI finden in der Arbeitswelt statt? Welche Vor- und Nachteile hat zum Beispiel »Paro«, ein einer Robbe nachempfundener Roboter, der in der Demenzpflege eingesetzt wird? Mit Hilfe von Experteninterviews, die auf Monitoren zu sehen sind, wird unter anderem diesen Fragen nachgegangen.
Zu Beginn empfangen den Besucher Gemälde, die die Mühsal der Arbeit im industriellen Kapitalismus veranschaulichen. Adolph Menzels berühmtes Bild »Das Eisenwalzwerk« oder Gustave Caillebottes »Die Parkettabzieher« machen den Kontrast deutlich. Vor gut 150 Jahren war Arbeit vorwiegend schweißtreibende, harte körperliche Plackerei. Wenn Roboter diese Art von manueller Arbeit ersetzen – so scheint das ein Fortschritt zu sein.
Aber wenn im digitalen Kapitalismus gleich ganze Berufe von Algorithmen und Computerprogrammen bedroht sind, birgt das enormen sozialen Sprengstoff. Erwerbslosigkeit und die Kluft zwischen Arm und Reich könnten zunehmen. Wie die technologischen Prozesse politisch und sozial reguliert werden können, wird im sogenannten Forum der Ausstellung behandelt. Der Besucher kann hier an vier Stationen per Computer Fragen beantworten. Zum Beispiel, ob eine Robotersteuer und ein bedingungsloses Grundeinkommen zur sozialen Absicherung eingeführt werden sollen. Gar Fragen des dem Kapitalismus inhärenten Wachstumszwangs, einer Gütergemeinschaft und von Open Source werden hier aufgeworfen.
Eine Stärke von »Out of Office« ist es, nicht nur Fragen des Arbeitslebens zu behandeln. Der Einfluss der KI auf Kommunikation, Dating und Fortbewegung ist evident. Auch auf Kunst und Musik hat die KI Einfluss. Längst gibt es Musik und Bilder, die von Algorithmen erschaffen wurden. In der Ausstellung kann man diese hören und betrachten – und raten, ob sie vom Computer oder Menschen kreiert wurden. Die Schau macht Abstraktes erfahrbar und erlebbar. Wünschenswert wäre gewesen, auch die ökologischen Folgen der Digitalisierung in Form eines massiv gestiegenen Stromverbrauchs zu thematisieren.
»Out of Office. Wenn Roboter und KI für uns arbeiten …«, bis 19.5.19, Museum der Arbeit, Wiesendamm 3, Hamburg.
aus: neues deutschland, 5.12.2018