Kautschuk, Kakao und Klaviertasten

Das Hamburger Museum der Arbeit widmet sich der deutschen Kolonialvergangenheit und ihren Folgen

Immer wieder sind die konkreten Beispiele für das Fortdauern des Rassismus der Nazis überraschend – an Orten, wo man ihn spätestens nach 1968 nicht sofort vermuten würde: an Universitäten. So wurde bis 1997 am humanbiologischem Institut der Universität Hamburg eine Vorlesung mit dem Titel »Rassenkunde des Menschen« abgehalten. Diese irritierende Information gibt die Ausstellung »Grenzenlos. Kolonialismus, Industrie und Widerstand« im Hamburger Museum der Arbeit. Weiterlesen

Amerikanischer Armutsalbtraum

Die Schönheit der Tristesse: Matt Blacks Fotos in der Hamburger Ausstellung »American Geography«

In seinem Tagebuch schrieb der US-amerikanische Fotograf Matt Black am 5. Januar 2016, dass ihn heruntergekommene Orte wie Tulare, Delano oder McFarland in Kalifornien, seinem Heimatstaat, zu dieser nun schon ein Jahr andauernden Rundreise durch die USA bewogen haben. Auf dieser legte Black letztlich 100 000 Meilen zurück und besuchte 46 US-Bundesstaaten. Die Stationen seines Roadtrips waren indes nicht willkürlich gewählt. Black machte gezielt in Ortschaften mit Armutsquoten über 20 Prozent halt, um dort Menschen, Straßenzüge, Gebäude oder Landschaften zu fotografieren. Das Resultat dieser fotografischen Dokumentationsreise ist die »Geography of Poverty«. Eine Auswahl von 78 Bildern (und Objekten) ist nun erstmals in den Hamburger Deichtorhallen zu sehen. Weiterlesen

Dämonen der digitalen Gegenwart

Die Ausstellung »Gute Aussichten 2019/2020« in den Hamburger Deichtorhallen fragt, welchen Bildern überhaupt noch zu trauen ist

Im ersten Moment wirken die Bilder wie Schlachtengemälde der alten Meister. Tritt man näher, bemerkt man jedoch, dass nichts klar zu erkennen ist. Hier der Umriss eines Maschinengewehrs, dort der eines Pick-ups mit bewaffneten Männern. Aber es könnte auch etwas anderes sein. Man ist förmlich gezwungen, in das Bild hineinzutauchen. Aber selbst dann: keine klaren Antworten, nur weitere offene Fragen. Weiterlesen

Kurdisches Guernica

Das Schwarz sticht ins Auge: Paolo Pellegrins Kriegsfotografien in den Hamburger Deichtorhallen

Das Genre der Kriegsfotografie kann man eng und weit fassen. Der italienische Fotograf Paolo Pellegrin fasst es weit. Nicht nur Panzer, Zerstörungen und Flüchtlinge sind auf den Fotos der Hamburger Schau »Un’ Antologia« zu sehen, sondern auch Bilder vom Krieg gegen die Natur und vom Krieg der Reichen gegen die arme Klasse, der sich oft als »Rassen«-Krieg maskiert. Weiterlesen

Liegt unter dem Beton Utopie?

In Hamburg will eine Ausstellung die Geschichte der Neuen Heimat neu bewerten

Mit glücklichen Gesichtern schaukeln Kinder in Gärten, springen in Schwimmbecken oder verausgaben sich beim Sport in der Turnhalle. Die Werbevideos des einst größten europäischen nichtstaatlichen Wohnungsbaukonzerns Neue Heimat transportieren die erfüllte Hoffnung auf ein besseres Leben in der von Wohnungsnot geprägten Nachkriegszeit der Bundesrepublik. Aber dafür ist die Neue Heimat nicht bekannt, in Erinnerung blieb ihr unrühmliches Ende. Das gewerkschaftseigene Unternehmen wurde abgewickelt, nachdem der »Spiegel« 1982 über Korruption, Veruntreuung und Bereicherung der Neue-Heimat-Manager berichtet hatte. Weiterlesen

Hinsehen und hinhören!

Frauenhass und Homophobie sind im Pop bereits seit Jahren sichtbar: Jens Balzers neues Buch »Pop und Populismus«

Mit den Wahlerfolgen der AfD hat sich der Umgangston in der deutschen Politik weiter verschärft. Bösartige, hasserfüllte Rhetorik hat mit dem Siegeszug der Rechtspopulisten Eingang in die politische Debattenkultur gefunden. Findet diese Unkultur ihre Entsprechung auch in der aktuellen Popmusik? Dieser Frage geht der Berliner Popkritiker Jens Balzer in seinem neuen Buch »Pop und Populismus« nach. Wenig überraschend bejaht er diese Frage. Am Mittwochabend stellte er sein Buch in den Räumen der Hamburger Körber-Stiftung vor. Weiterlesen

Ich, ich, ich

Lauren Greenfield fotografiert Reiche und Promis. Die Hamburger Deichtorhallen zeigen ihr Werk

Freudlos und leer: So wirken viele Gesichter der Superreichen auf den Fotografien der US-amerikanischen Fotografin Lauren Greenfield, die zurzeit in der Hamburger Ausstellung «Generation Wealth» zu sehen sind. Reich zu sein, macht eben doch nicht glücklich. Und reich zu sein in Beverly Hills oder Hollywood bedeutet, einem extremen Wettbewerb ausgesetzt zu sein. Wer hat die meisten Kontakte zu den wichtigsten Schauspielern, Produzenten und Regisseuren? Wer hat die schönsten Frauen, das meiste Geld, die tollste und größte Villa? Weiterlesen

»Heute dient Musik der Berieselung«

Buchautor Lukas Linek über gewandelte Hörgewohnheiten im Zeitalter des Streamings

Napster, iTunes und Spotify haben den Musikkonsum radikal gewandelt. Durch Downloads, Streaming und Smartphones ist fast jeder aufgenommene Song jederzeit und überall verfügbar. Das hat Auswirkungen nicht nur auf Hörer*innen und Musiker*innen, sondern auch auf die Musikindustrie und Tonqualität der Musik. Parallel dazu erfährt die totgeglaubte Schallplatte eine Renaissance. Lukas Linek hat sich in seinem Buch »Zwischen Schallplatten und Streamingdiensten. Wie Digital Natives Musik rezipieren« (Buechner-Verlag, 142 Seiten, 18 EUR) unter anderem mit diesen Fragen beschäftigt. Linek studierte Publizistik- und Kommunikationswissenschaft mit Fokus auf Musikwirtschaft und neue Medien an der Universität Wien. Als audiophiler Liebhaber von hochwertigen Aufnahmen arbeitet er in der Welt der Hi-Fi. Weiterlesen

Die tägliche Qual der Enge

In Hamburg wird die erste große Retrospektive des Fotografen Michael Wolf gezeigt

Die Enge der globalen Megastädte – besser als im Werk des deutsch-amerikanischen Fotografen Michael Wolf kann sie nicht veranschaulicht werden. Am eindrücklichsten geschieht das in seiner Serie »Tokyo Compression«. Die Fotografien zeigen an die Scheiben von U-Bahnen gepresste Gesichter von Pendlern in Tokio. In der Rushhour ist es in den Wagen so eng, dass Kondenswasser die Scheiben hinabläuft. Der Gesichtsausdruck der eingezwängten Menschen ist resigniert, erschöpft, manche haben die Augen geschlossen, als ob sich so die tägliche Höllenfahrt leichter ertragen ließe. Weiterlesen

Mein Freund Paro

Das Hamburger Museum der Arbeit stellt vor, wie Digitalisierung, Roboter und künstliche Intelligenz unsere Arbeit erledigen. Die Zukunft wird auch lustig.

Machen Sie den Test! Können Sie Bilder oder Musikstücke, die von künstlicher Intelligenz (KI) erschaffen wurden, von menschlichen Kunstwerken unterscheiden? Ich mache den Test – und bestehe ihn nicht. Aber das kann auch daran liegen, dass mir die musikwissenschaftliche Expertise fehlt, um einen Bach- von einem KI-Choral zu unterscheiden. Oder daran, dass die zu hörenden Mainstream-Pop-Stücke nichts für meine Ohren sind. Weiterlesen