Kalter Kaffee?

Zur Kritik des deutschen Nationalismus und WM-Patriotismus

Im Jahre 1994 waren einer Umfrage zufolge 44% der befragten Deutschen der Ansicht, dass die deutsche Geschichte ein Nationalgefühl und nationale Symbole weitgehend verbiete. Dieses Ergebnis erscheint spätestens seit der Fußball-WM von 2006 als unvorstellbar: Seit dem so genannten Partyotismus ist die schwarz-rot-goldene Flagge wieder allgegenwärtig. Das findet gegenwärtig seine Fortsetzung während der WM in Südafrika: Kaum noch ein Werbespot kommt ohne die Kombination von schwarz-rot-gold und Fußball aus; in den Städten ist die deutsche Fahne wieder unübersehbar präsent. Dabei fällt auf: Je hässlicher die Häuserfassaden, desto mehr Flaggen hängen aus den Fenstern. Weiterlesen

Empirischer Kurzschluss

Die antideutsche Kontinuitätsthese ist Unfug. Die Kritik des deutschen Nationalismus und WM-Patriotismus allerdings weiterhin notwendig.

Unlängst gab Aram Lintzel in seinem Text »Empirischer Störfall« (taz, 8.6.2010) bekannt, dass er schon jetzt genervt sei von der Paranoia alarmierter Kokommentatoren, die aus dem Torgegröle den Prolog zum Pogrom heraushören. Mit Kokommentatoren meint er die sogenannten Antideutschen, deren Resonanzboden sich zur Fußball-WM erhöhen werde. Denn hinter der schwarz-rot-goldenen Bildsprache lauere mindestens Nationalismus, wenn nicht Faschismus. Weiterlesen

Kontinuum und Exzess

„Wir machen genau das, was ihr Alten am Stammtisch und am Familientisch sagt, aber nicht zu tun wagt.“ Dieses Zitat eines jungen Rechtsextremen (vgl. Alheim/Heger: 52) verweist darauf, dass das gesellschaftlich weitverbreitete fremdenfeindliche Vorurteil der Gewalttat vorausgeht. Doch in der Öffentlichkeit wie in der Politik herrscht zwar stets nach einem besonders schlimmen Pogrom große einhellige Empörung, die allerdings nach wenigen Tagen wieder verschwindet. Die alltägliche Diskriminierungspraxis hingegen, die den Boden für die Gewaltexzesse bereitet, wird weitgehend ignoriert. Weiterlesen