Die Überwachung der Anderen ist schlecht, unsere ist schon okay. So ließen sich die entsprechenden Passagen im Koalitionsvertrag von Union und SPD zusammenfassen. Einerseits will man Aufklärung in Sachen NSA-Affäre betreiben. Andererseits aber die eigene Spionageabwehr stärken und vor allem die beim Bundesverfassungsgericht durchgefallene Vorratsdatenspeicherung einführen – und zwar zügig.Letzteres ist ein fatales Signal in Zeiten der durch Snowden ins Bewusstsein gerückten Allgegenwärtigkeit von Überwachung.
Was das für Folgen hat, zeigte unlängst eine Umfrage. Demnach übt fast ein Sechstel aller US-Autoren schon eine Art der Selbstzensur in ihrer Kommunikation. In Deutschland dürften ebenfalls mehr Menschen mit einer Schere im Kopf kommunizieren. Und mit der Vorratsdatenspeicherung werden es noch mehr. Die freie Kommunikation als »elementare Funktionsbedingung eines auf Handlungsfähigkeit und Mitwirkungsfähigkeit seiner Bürger begründeten freiheitlichen Staatswesens« (Bundesverfassungsgericht) wird mithin weiter eingeschränkt. Fast wünscht man sich die FDP zurück. Ihre Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger blockierte immerhin die Umsetzung der Vorratsdatenspeicherung. Der SPD-Politiker Otto Schily indes war seinerzeit einer der ersten, die die umfassende Datenspeicherung befürworteten. So ist es nur angemessen, wenn SPD-Politiker an ihrer Vollendung beteiligt sind.
(aus: neues deutschland, 28.11.2013)