Nichts ginge ohne sie: Ohne Mikrochips kein Smartphone, kein Netflix, selbst sauberes Geschirr wäre oft ein Problem. Was passiert, wenn nicht genügend Halbleiter zur Verfügung stehen, liess sich während der Coronakrise beobachten. Autohersteller mussten ihre Bänder anhalten, andere Produkte wurden teurer oder hatten lange Lieferzeiten. Doch das könnte nur ein Vorgeschmack gewesen sein auf das, was womöglich noch kommt. Sollte China Taiwan blockieren oder gar angreifen, droht der gesamten Weltwirtschaft der Stillstand. In Taiwan werden derzeit 41 Prozent aller Prozessorchips und über 90 Prozent der modernsten Chips auf dem Markt produziert. Eine zweite derart krasse Konzentration eines so entscheidenden Produkts wird man lange suchen müssen.
Wie es dazu kam und wie sich die Chiptechnologie zunächst im Silicon Valley entwickelte, zeichnet der Wirtschaftshistoriker Chris Miller in seinem Buch «Der Chip-Krieg» nach. Vor allem aber steht im Fokus von Millers Buchs die Geopolitik, die die Chipindustrie schon immer geprägt hat. Wer in der Lage ist, die modernsten Chips zu produzieren und damit seine Waffensysteme auszustatten, kann die ganze Welt dominieren. Miller zeigt, dass zunächst das US-Militär und die Nasa die grössten Abnehmer von Chips waren. So konnte sich die entsprechende Industrie in den Vereinigten Staaten entwickeln und einen zivilen Massenmarkt bedienen.
Trotz enormer Subventionen liegt China in der Chipproduktion weit hinter den USA zurück, die durch Exportverbote ihre Stellung sichern. Chinesische Regierungsanalysten halten es für notwendig, den taiwanesischen Hersteller TSMC zu kontrollieren, sollten sich die Spannungen zwischen den USA und China verschärfen. Millers Buch ist unverzichtbar, um die Hintergründe dieser Konfrontation zu verstehen. Es ist zudem gut lesbar, weil er persönliche Anekdoten von Wirtschaftsspionen, Wissenschaftlerinnen und Managern einfliessen lässt.
aus: WOZ Nr. 42, 19. Oktober 2023