Gerhard Schröder wird bald 70. Altersmilde indes ist er noch nicht. In seinem neuen Buch »Klare Worte« verteidigt er erneut die umstrittene Agenda 2010. Diese sei »eine der Grundlagen dafür, dass wir besser durch die Krise von 2008/09 gekommen sind als andere Staaten in Europa«. Auf sein »Gütesiegel« werde er sogar in Paris, Seoul, Peking oder Washington angesprochen.
Einige Ökonomen jedoch sind anderer Ansicht. So erschien gerade im »Journal of Economic Perspectives« eine rege diskutierte Studie, die in Hartz IV eben nicht den Grund für die niedrigen Arbeitslosenzahlen sieht. Andere sagen, Ursache für das angeblich deutsche Jobwunder war die gute Weltkonjunktur von 2003 bis 2007. Schaut man sich an, wo und in wessen Gegenwart Schröder sein Buch vorstellte, wird klar: Für einige war die Agenda tatsächlich erfolgreich. Neben Schröder sieht man den Co-Vorsitzenden der Deutschen Bank, Anshu Jain, in der Berliner Filiale seines Geldhauses zufriedenen lächeln. Die Verteilungsbilanz gibt ihm recht: Die Konzentration des Vermögens auf Seiten der Reichen ist dank Schröder weiter vorangeschritten. Einher ging das für viele mit einer »Rutsche in die Armut«, der Ausbreitung des Niedriglohnsektors und der Untergrabung der Wettbewerbsposition der südeuropäischen Ökonomien. Doch das – kein Thema für den Genossen der Bosse.
(aus: neues deutschland, 15.2.2014)