Erst heizte Deutschland das Klima mit an, jetzt freuen sich seine Politiker über milde Winter und geringere Emissionen
Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) klopft sich auf die Schultern und spricht von einer Trendumkehr. Der CO2-Ausstoß in Deutschland ist erstmals seit drei Jahren gesunken.
Im Vergleich zum Vorjahr sank 2014 Angaben des Umweltbundesamtes zufolge der Ausstoß des klimaschädlichen Gases Kohlenstoffdioxid um rund 41 Millionen Tonnen. Das entspricht einem Rückgang um 4,3 Prozent im Vergleich zu 2013.
Insgesamt wurden in Haushalten, Gewerbe, Industrie, Verkehr, Land- und Energiewirtschaft vergangenes Jahr 912 Millionen Tonnen an Treibhausgasen in die Atmosphäre ausgestoßen. Im Vergleich zu 1990 entspricht das einem Rückgang von 27 Prozent in Deutschland. Damals wurden 1250 Millionen Tonnen CO2 ausgestoßen.
Eine erfreuliche Nachricht, wie Hendricks annimmt? Nein, und das aus mehreren Gründen. Zunächst kann die Politik für die Ursache dieses Rückgangs nichts. Für den milden Winter und die damit verbundene geringere Nachfrage nach Heizöl und Erdgas ist sie nicht verantwortlich. Oder doch? Experten etwa vom Deutschen Wetterdienst rechnen damit, dass die Winter in Europa im Mittel nasser und milder werden. Das Jahr 2014 gilt schon mal als das wärmste Jahr der Klimageschichte. Doch der Klimawandel ist für diese Entwicklung mitverantwortlich – und diesen trieb und treibt Deutschland als hochindustrialisiertes und bevölkerungsreiches Land kräftig mit an. Insofern könnte man sagen: Der CO2-Ausstoß ging in der Bundesrepublik zurück, weil sie vorher durch hohe Emissionen zum Klimawandel beigetragen hat und so mildere Winter möglich macht.
Überdies ist die die CO2-Bilanzierung entlang nationaler Grenzen in einer global verflochtenen Ökonomie im Grunde völlig sinnlos. Deutschland und andere Industriestaaten haben die Produktion von klimaschädlichen Waren nach China und in andere asiatische Länder ausgelagert. Dort rauchen die Schornsteine – und in der chinesischen Klimabilanz tauchen immer mehr Klimagase auf. Die Produkte aber werden nach Europa und in die USA exportiert. Man spricht von importierten Emissionen. Wissenschaftler schätzen, dass der Anstieg der Emissionen durch die in Entwicklungsländern produzierten, aber in den Industriestaaten konsumierten Waren, sechsmal höher sei als die eingesparten Emissionen in den Industrieländern. Sprich die Klimabilanzen von Deutschland und anderer industrialisierter Länder sind schlechter, die von China ist besser.
So gesehen kommt es allein auf den weltweiten Ausstoß von CO2 an. Und hier ist der Trend eindeutig: Er geht nach oben. Einzige Ausnahme das Jahr 2009, als das Wirtschaftswachstum infolge der Krise zurückging. In der Folge ist das Ziel, die Erderwärmung auf zwei Grad zu beschränken, in weite Ferne gerückt. Die Reduktion müsste jedes Jahr sechs bis zehn Prozent betragen.
Die deutsche Politik, die sich gerne als Vorreiter im Kampf gegen den Klimawandel generiert, ist dies gerade nicht. Trotz Energiewende stiegen die Emissionen bis 2013 und fossile Brennstoffe werden immer noch mit Milliardenbeträgen subventioniert.