Die Serie »Billions« gibt Einblicke in das exklusive Milieu der Finanzbranche
Die Dramaserie »Billions« beginnt mit einem Paukenschlag, mit einer SM-Szene. Ein Mann liegt gefesselt am Boden und lässt sich von einer Domina eine Zigarette auf der Brust ausdrücken – und dann von ihr anpinkeln. Erst später in der ersten Folge erfahren wir, um welche Personen es sich gehandelt hat: um den New Yorker Staatsanwalt Chuck Rhoades und seine Frau Wendy. Doch »Billions«, deren letzte Folge der ersten Staffel vergangene Woche ausgestrahlt wurde, ist keine SM-Serie, sondern eine über das, was Franz Müntefering einst Heuschrecken genannt hat: das Hedgefonds- und Private-Equity-Milieu, konkret der Mikrokosmos der New Yorker Finanzwelt.
Filme und Serien über die Machenschaften der Wall Street gab es in letzter Zeit so einige. Erinnert sei an die Streifen »Too Big to Fail« und »The Big Short« oder an die dänische Serie »Follow the Money« über Finanzbetrug im Sektor der erneuerbaren Energien.
Neben den Eheleuten Rhoades, von denen wir im Verlauf der ersten Staffel nur noch selten SM-Spielchen sehen, ist Bobby Axelrod ein weiterer Protagonist der vom US-Sender Showtime produzierten Serie. Axelrod wird von Damian Lewis verkörpert, der bereits in der Erfolgsserie »Homeland« als Irakrückkehrer und vermeintlich islamistischer Terrorist zu überzeugen wusste. In »Billions« gibt er den wahnsinnig ehrgeizigen, von sich selbst überzeugten, aber auch kumpelhaften und generösen Chef eines Hedgefonds. 125 Millionen Dollar dafür, dass sein Lieblingskonzerthaus nach ihm benannt wird? Kein Problem für den Selfmade-Milliardär. 83 Millionen Dollar für ein Anwesen mit Seeblick? »Wozu ist Fuck-You-Geld gut, wenn man es nie benutzt, um Fuck You zu sagen«. Doch dann kommt ihm der rücksichtslose und ebenso ehrgeizige Staatsanwalt Chuck Rhoades (Paul Giamatti) auf die Schliche. Er vermutet – sehr zu Recht -, dass Axelrod einen nicht unerheblichen Anteil seines immensen Vermögens mit Insidergeschäften gemacht hat und versucht mit allen Mitteln, Bobby vor den Kadi zu zerren.
Die Fronten scheinen klar: Finanzkapitalismus versus Staat, personalisiert im Zweikampf Axelrod versus Rhoades. Doch so simpel ist es nicht, denn die Hauptcharaktere sind vielschichtig und komplex. Rhoades greift zu illegalen Mitteln, um zum Ziel zu kommen, Axelrod kümmert sich rührend um seine Kinder, finanziert seinem krebskranken Mitarbeiter die beste Therapie. Und dann ist da noch Wendy Rhoades, famos dargestellt von Maggie Sniff. Sie wird mit hineingezogen in den mit persönlicher Leidenschaft ausgetragenen Krieg ihres Mannes – und ihres Arbeitgebers. Denn die Psychologin arbeitet als eine Art Motivationstrainerin für Axelrods Firma »Axe Capital«.
»Billions« überzeugt vor allem durch die schauspielerische Leistung. Dass der Finanzexperte Andrew Ross Sorkin an dem Drehbuch beteiligt war, merkt man. Der Journalist, der für die »New York Times« über die Finanzwelt berichtet und die Vorlage für »Too Big to Fail« lieferte, ist für die Finanzfachsprache verantwortlich, von der es reichlich in »Billions« zu hören gibt. Das macht die Sache nicht immer leicht. Andererseits bekommen wir auf diese Weise einen recht authentischen Einblick in die Welt des globalisierten Finanzkapitalismus. Gut, dass eine zweite Staffel bereits beauftragt ist.
aus: neues Deutschland, 20.04.2016