»Das BIP war ein Instrument des Krieges«

Der Ökonom Philipp Lepenies kritisiert, dass der Glaube an das Bruttoinlandsprodukt Verteilungsfragen verdrängt. Ein Interview.

Herr Lepenies, am Donnerstag wurde das deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2016 bekannt gegeben. Waren Sie gespannt?
Gespannt ist übertrieben. Als Ökonom interessiert mich die Zahl natürlich. Aber nicht so, dass ich ihr entgegenfiebern würde. Wichtig ist das BIP sicherlich. Zusammen mit seiner Veränderungsrate, dem Wachstum, ist es die einzige Kennziffer, die es neben der Zahl der Arbeitslosen überhaupt schafft, regelmäßig große Aufmerksamkeit in den Medien und der Politik zu bekommen. Und das trifft fast für jedes Land der Welt zu. Das muss eine Statistik erst mal schaffen. Weiterlesen

Kniefall vor den Rechten

Über die Afrika-Politik der Europäischen Union

100 Millionen Euro für Projekte in der Sahel-Region, in den Ländern am Tschadsee sowie in Libyen. Der neue EU-Fonds, den Deutschland und Italien im Vorfeld des EU-Gipfels am Donnerstag in Brüssel vorstellten, soll laut Titel Migranten schützen und Rückkehrer in Afrika integrieren. Das klingt nicht schlecht – und ist es doch. Weiterlesen

Gelddruckmaschine Emissionshandel

Über Umweltpolitik, die den Konzernen Profite beschert

Gedacht war er als Wundermittel im Kampf gegen die Erderwärmung. Doch der europäische Emissionshandel ist zu einer Gelddruckmaschine für die besonders schmutzige Zement- und Stahlindustrie geworden. Das belegt aufs Neue eine Studie der NGO Carbon Market Watch. Weiterlesen

Tödlich, unsichtbar, subventioniert

Durch Luftverschmutzung sterben in Europa jährlich rund 467 000 Menschen

Es ist ein unsichtbarer, staatlich subventionierter Tod, der jedes Jahr in Europa ungefähr 467 000 Menschen vorzeitig ereilt. Die Opfer sterben an dem, was bei Dieselautos aus dem Auspuff oder bei Kohlekraft- und Industriewerken aus den Schloten kommt: Stickstoffoxide und Feinstaub. Weiterlesen

Keine Krisen an der Uni

Neue Studie bemängelt theoretische Monokultur in den Wirtschaftswissenschaften

Wie begossene Pudel standen sie vor knapp zehn Jahren da. Kaum ein Volkswirt hatte die Finanz- und die Weltwirtschaftskrise vorausgesehen. Das lag nicht etwa am Unvermögen der zahlreichen gut bezahlten Wissenschaftler an den Universitäten und Instituten, sondern weil diese in ihrer überwiegenden Mehrheit bis heute einer einzelnen ökonomischen Lehre anhängen: der neoklassischen. Weiterlesen

Nicht der Mensch an sich ist das Problem

Immer mehr ökologisch motivierten Studien liegt das Konzept des Anthropozäns zugrunde. Mehr Erklärungswert hat das Kapitalozän

Die ungebremste Expansion des Menschen auf der Erde habe zerstörerische Folgen für die anderen Bewohner des Planeten – das ist eine zentrale Botschaft des »Living Planet Reports 2016«. Formulierungen wie »Die Dimensionen menschlichen Handelns sprengen seit Mitte des 20. Jahrhunderts alle vorhergesehenen Grenzen« oder »Tatsächlich hat sich die Menschheit in bedrohlicher Weise über andere Lebewesen erhoben« veranschaulichen das. Weiterlesen

Weniger ist zu wenig

Wachstumskritiker stellen wichtige Fragen, die Marxisten und Keynesianer überwiegend ignorieren. Ihre Antworten indes sind unzureichend. Hier kann Marx weiterhelfen.

Es ist das Einfache, das schwer zu machen ist, schrieb Bertolt Brecht über den Kommunismus. Man kann diese Aussage auch auf eine Gesellschaft übertragen, die nicht auf die Steigerung des Bruttoinlandsprodukts (BIP), auf Wachstum ausgerichtet ist. Dabei liegt die Notwendigkeit, über eine Postwachstumsgesellschaft nachzudenken, inzwischen seit Jahrzehnten auf der Hand. Der Außenseiter-Ökonom Kenneth Boulding begründete dies in denkbar schlichten Worten: »Wer glaubt, dass in einer endlichen Welt unendliches Wachstum möglich ist, kann nur verrückt sein – oder Ökonom.« Weiterlesen

Das verborgene Potenzial

Der neue Bericht an den Club of Rome »Ein Prozent ist genug« spielt mit dem Feuer – so werden mit Sicherheit die Urteile der wirtschaftsliberalen Kommentatoren lauten. Der Grund: Der Report kritisiert Marktradikalismus, Freihandel, ja das ganze gegenwärtige Wirtschaftssystem und fordert Zölle und Handelsschranken, mithin das, was der herrschenden Meinung als natürlicher Feind von Wachstum und Wohlstand gilt: Protektionismus. Weiterlesen

Wir müssen das System ändern

Der neue Bericht an den Club of Rome setzt auf konkrete Maßnahmen, die den meisten Menschen nützen sollen

Jorgen Randers ist ein alter Hase im Geschäft der Zukunftsforschung. Der norwegische Wissenschaftler war bereits als Mitautor des weltberühmten Berichts an den Club of Rome über »Die Grenzen des Wachstums« beteiligt. Der 71-Jährige kann daher auf einen über 40-jährigen Erfahrungsschatz zurückblicken. Dieser hat ihn gelehrt, dass man mit der bisherigen Praxis nicht weiterkommen könne. Wieder und wieder habe man auf die drängenden ökologischen Probleme hingewiesen – ohne Resultat. Weiterlesen

TTIP-Tipps von Karl Marx

Wäre Karl Marx ein Anhänger von TTIP gewesen? Seine folgenden Worte legen das nahe: »Aber im allgemeinen ist heutzutage das Schutzzollsystem konservativ, während das Freihandelssystem zerstörend wirkt. Es zersetzt die bisherigen Nationalitäten und treibt den Gegensatz zwischen Proletariat und Bourgeoisie auf die Spitze. Mit einem Wort, das System der Handelsfreiheit beschleunigt die soziale Revolution. Und nur in diesem revolutionären Sinne, meine Herren, stimme ich für den Freihandel.« Weiterlesen