Gegensätzlicher könnten die Positionen zum Thema Freihandel und Protektionismus kaum sein: Während angesichts der weltweiten Wirtschaftskrise die Staatenlenker – vor allem der G20 – und der allergrößte Teil der veröffentlichten Meinung der Ansicht sind, dass nun keinesfalls protektionistische Maßnahmen ergriffen werden dürfen und alles dafür getan werden müsse, den weltweiten Freihandel zu befördern, sehen es wenige einsame Rufer (Hertz 2009) genau anders herum. Weiterlesen
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Neokoloniale Landnahme
155 Millionen und 55 Millionen – die erste Ziffer steht für die Zahl der im vergangenen Jahr durch die massive Steigerung der Preise für Lebensmittel zurück in die absolute Armut gestoßenen Menschen. Die zweite für jene, denen durch die globale Wirtschaftskrise ein ähnliches Schicksal droht: ein Leben mit weniger als zwei Dollar pro Tag fristen zu müssen (vgl. SZ, 23.2.2009).
Das Spiel mit solch abstrakten Zahlen – hinter der jedes individuelle Schicksal verschwindet – ist in der Tat makaber. Weiterlesen
Kontinuum und Exzess
„Wir machen genau das, was ihr Alten am Stammtisch und am Familientisch sagt, aber nicht zu tun wagt.“ Dieses Zitat eines jungen Rechtsextremen (vgl. Alheim/Heger: 52) verweist darauf, dass das gesellschaftlich weitverbreitete fremdenfeindliche Vorurteil der Gewalttat vorausgeht. Doch in der Öffentlichkeit wie in der Politik herrscht zwar stets nach einem besonders schlimmen Pogrom große einhellige Empörung, die allerdings nach wenigen Tagen wieder verschwindet. Die alltägliche Diskriminierungspraxis hingegen, die den Boden für die Gewaltexzesse bereitet, wird weitgehend ignoriert. Weiterlesen
Regierungsoffizielle Lügen
„Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, heute Abend hat die NATO mit Luftschlägen gegen militärische Ziele in Jugoslawien begonnen. Damit will das Bündnis weitere schwere und systematische Verletzungen der Menschenrechte unterbinden und eine humanitäre Katastrophe im Kosovo verhindern. Der jugoslawische Präsident Milosevic führt dort einen erbarmungslosen Krieg. Wir führen keinen Krieg. Aber wir sind aufgerufen, eine friedliche Lösung im Kosovo auch mit militärischen Mitteln durchzusetzen.“ Weiterlesen
Rassismus-Konjunkturen
Wirtschaftskrise, Nationalismus und Ausschreitungen gegen MigrantInnen
»British jobs for british workers« – dieser Slogan von streikenden britischen Arbeitern könnte in der Rückschau möglicherweise das erste Signal dessen sein, was zum Beispiel die renommierte Zeitschrift Foreign Policy als mögliche politische Konsequenz – neben Demonstrationen, Streiks, Unruhen, Plünderungen und Regierungswechsel – infolge der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise prophezeit: rassistische Ausschreitungen gegen Migrantinnen und Migranten. Denn die historische Erfahrung zeigt: In wirtschaftlichen Krisensituationen mit zunehmender Arbeitslosigkeit nehmen Sündenbock-Mentalität, Fremdenfeindlichkeit, Nationalismus und Rassismus zu (Stöss 2007: 45). Weiterlesen
Filmkritik: Operation Walküre
Wieder ein neuer Film über Stauffenberg und den 20. Juli – warum denn das? Es gibt doch bereits mehr als ein halbes Dutzend; der letzte erschien 2004. Bislang jedoch hatte sich Hollywood des Stoffes noch nicht angenommen. Eine kulturindustrielle Verarbeitung des Themas indes verspricht, eine Menge Geld in die Kassen zu spülen – keine falsche Versprechung: In den USA hat der Film von Bryan Singer bereits die Produktionskosten von 80 Millionen Dollar eingespielt. Weiterlesen
Massengrab Mittelmeer
Wohl wahr, liebe „Zeitung für Deutschland“, hinter der nicht nur ein kluger, sondern mitunter auch ein euphemistischer und zynischer Kopf zu stecken scheint! Ihre Meldung über die jüngsten Proteste von MigrantInnen und BewohnerInnen der italienischen Mittelmeerinsel Lampedusa trifft den Nagel auf den Kopf: „Zugleich veranstalteten die InselbewohnerInnen einen Gedenkmarsch für die ‚Opfer des Meeres‘, um an die schwierige Lage der Immigranten zu erinnern“. Weiterlesen
Neues Heldengedenken
Die Deutschen gedenken am liebsten ihrer selbst. Und nicht etwa derer, die von ihnen in das „Grab der Lüfte“ befördert wurden. Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg gerierte man sich als Verführte des Dämonen Hitler und klagte über eine „ungerechte“ Besatzungspolitik und die Entnazifizierungsmaßnahmen der Alliierten. Die Vernichtung des europäischen Judentums sickerte erst mit der Ausstrahlung der vierteiligen Fernsehserie „Holocaust“ ab 1979 in das kollektive Gedächtnis ein, von dem Völkermord an den Sinti und Roma lässt sich dieses nicht behaupten. Weiterlesen
Filmkritik: Lornas Schweigen
Gleich die erste Szene, in der eine Hand ein Bündel Geldschein zählt, bringt auf den Punkt, worum es in dem neuesten Film der belgischen Brüder Jean-Pierre und Luc Dardenne geht: der Preis eines Menschen bzw. des zu ihm gehörigen Passes. Insofern könnten Brechts Zeilen aus dem Song von der Ware aus dem Stück „Die Maßnahme“ das Leitmotiv des Filmes sein: „Was ist eigentlich ein Mensch? / Weiß ich, was ein Mensch ist? / Weiß ich, wer das weiß? / Ich weiß nicht, was ein Mensch ist / Ich kenne nur seinen Preis.“ Weiterlesen
Die Eskalationsspirale
Eine polemische Kommentierung könnte folgendermaßen lauten: Die Bundesregierung schickt mit Beschluss vom 16. Oktober 2008 zu den bereits vorhandenen 3.500 weitere 1.000 Soldaten nach Afghanistan. Schließlich braucht sie auch den einen oder anderen Abnehmer für das neu eingeführte Ehrenkreuz für Tapferkeit. Zu Tragen am Band, wie einst das Eiserne Kreuz aus dem letzten – freilich etwas größeren – Krieg. Doch lassen wir die Polemik beiseite und stellen das zentrale Argument der Befürworter des Afghanistaneinsatzes auf den Prüfstand. Weiterlesen