Einmal getragen und weg

»68. Pop und Protest« im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe

Die 68er-Bewegung als Geburtshelferin der Wegwerfgesellschaft und als Vorreiterin der neoliberalen Ideologie des Individualismus? Das zumindest ist eine Frage, die ein anderes Licht auf die Chiffre »68« zu werfen vermag. Denn das 50. Jubiläum hat im Unterschied zum 40. kaum kontroverse Debatten ausgelöst. Während vor zehn Jahren Götz Aly mit seinen Thesen zur Parallelität von NS- und 68er-Bewegung die Schlagzeilen beherrschte, stand im Jahr 2018 ein eher pflichtschuldiges Erinnern an die Ereignisse vor 50 Jahren im Vordergrund. Weiterlesen

Erledigen die Roboter bald unsere Arbeit?

Die Ausstellung »Out of Office« im Hamburger Museum der Arbeit

Noch mal Glück gehabt: Die Wahrscheinlichkeit, dass in Zukunft ein Roboter durch die hier zu besprechende Ausstellung stampft und eine Ausstellungsbesprechung schreibt, ist nicht hoch. Nur 20 Prozent der journalistischen Tätigkeiten können durch einen Roboter ersetzt werden. Bei anderen Berufen sieht es düsterer aus. Kassiererinnen können schon heute durch Computer wegrationalisiert werden, bei Bankangestellten ist es nur wenig besser. Weiterlesen

In der Hand von Investoren

Die Ausstellung »Schöner wohnen in Altona« wagt auch einen flüchtigen Blick auf Eigentumsverhältnisse

»Besser hätten wir nicht untergebracht werden können, mit eigenem Bad und Blick auf Kuhwiesen,« sagt ein Rentner, der seit Jahrzehnten in der Plattenbau-Großsiedlung Osdorfer Born im Hamburger Bezirk Altona lebt. Und seine Frau ergänzt: »Die Leute, die sagen, der Osdorfer Born sei hässlich, die kommen ja nicht von hier. Die wohnen ganz weit weg.« Weiterlesen

Im Unbewussten gibt es keine Eigentumsschranken

Der Sozialpsychologe Gerhard Vinnai im Interview über Notwendigkeit und Schwierigkeit der Kritik des Privateigentums

Gerhard Vinnai war bis 2005 Professor für analytische Sozialpsychologie an der Universität Bremen. Sein besonderes Interesse gilt der Verbindung von Psychologie und kritischer Gesellschaftstheorie. In den 1970er Jahren wurde er mit Büchern zur neomarxistischen Sportsoziologie bekannt. Sein neuestes Buch heißt »Die Tücken des Privateigentums. Der Einfluss auf die Psyche und notwendige Alternativen« (VSA-Verlag). Weiterlesen

Fertig werden mit der ökonomischen Scheiße

Der erste Blick fällt auf eine ungeheure Menge von weißen Konservendosen, fein säuberlich aufgereiht in Regalen, wie man sie aus Supermärkten kennt. Natürlich, diese Installation soll an den ersten Satz eines weltweit bekannten Buches erinnern: »Der Reichtum der Gesellschaften, in welchen kapitalistische Produktionsweise herrscht, erscheint als eine ungeheure Warensammlung, die einzelne Ware als seine Elementarform«, heißt es in »Das Kapital« von Karl Marx. Weiterlesen

Fuck-You-Money

Die Serie »Billions« gibt Einblicke in das exklusive Milieu der Finanzbranche

Die Dramaserie »Billions« beginnt mit einem Paukenschlag, mit einer SM-Szene. Ein Mann liegt gefesselt am Boden und lässt sich von einer Domina eine Zigarette auf der Brust ausdrücken – und dann von ihr anpinkeln. Erst später in der ersten Folge erfahren wir, um welche Personen es sich gehandelt hat: um den New Yorker Staatsanwalt Chuck Rhoades und seine Frau Wendy. Doch »Billions«, deren letzte Folge der ersten Staffel vergangene Woche ausgestrahlt wurde, ist keine SM-Serie, sondern eine über das, was Franz Müntefering einst Heuschrecken genannt hat: das Hedgefonds- und Private-Equity-Milieu, konkret der Mikrokosmos der New Yorker Finanzwelt. Weiterlesen

Mehr Spaß am Untergang

Die Hamburger Ausstellung »Geniale Dilletanten« historisiert die Subkultur der 1980er Jahre

Als Anfang der 1980er Jahre vornehmlich in der alten Bundesrepublik eine subkulturelle Kulturszene eine Explosion der Kreativität verursachte, hätten sich ihre Protagonisten wohl nicht träumen lassen, wenige Jahrzehnte später in der hochkulturellen Institution schlechthin – dem Museum – historisiert zu werden. Doch so ist es gekommen. Weiterlesen

Wir haben nicht vor, etwas Konstruktives zu tun

Deutsches Theater Berlin: »Väter und Söhne« von Brian Friel nach dem Roman von Iwan Turgenjew

Der russisch-britische Philosoph Isaiah Berlin schrieb über den 1861 erschienenen Roman »Väter und Söhne« von Iwan Turgenjew: Das Buch sei ein entscheidendes Dokument für das Verständnis der russischen Vergangenheit und unserer Gegenwart. Um 1861 wurde in Russland die Leibeigenschaft aufgehoben und wurden Reformen angestoßen. Weiterlesen

Auf der Suche nach Zukunft und Sinn

Er sorgte für den Hype des Literaturjahres. Doch ist der Erfolg von Karl Ove Knausgård Ausdruck einer neuen Spießigkeit?

Man kann alles erzählen, nur nicht sein wirkliches Leben«, schrieb Max Frisch. Karl Ove Knausgård kann nichts erzählen, nur sein wirkliches Leben – könnte man meinen. Der norwegischer Erfolgsautor – Übersetzungen in 30 Sprachen, hervorragende Verkaufszahlen – hat aus seiner Unfähigkeit, ein richtiger Schriftsteller zu werden, eine Tugend gemacht. Weiterlesen

Warum geht es mir so dreckig?

Entfremdungskritik wird wieder geübt. Doch sie müsste neue Impulse aufnehmen.

In seinem jüngsten Buch fordert der wohl einflussreichste lebende Marxist, David Harvey, seine Leser auf, sich eine Welt vorzustellen, in der der Tauschwert, das Streben nach Geldmacht und entfremdete Verhaltensweisen wie kompensatorischer Konsum eingeschränkt wären. Weiterlesen