»Übt, was das Zeug hält«

US-Gewerkschafterin schult Aktivisten weltweit für erfolgreichere Streiks

Sie sei im Grunde von den Gewerkschaften großgezogen worden, sagte Jane McAlevey vor anderthalb Jahren im nd-Interview. Heute gilt die 55-jährige Tochter eines US-Gewerkschaftsführers als Expertin für das sogenannte Organizing. Damit ist eine spezifische Methode der Mitgliedergewinnung gemeint, die ihren Ursprung in den USA hat. Professionell ausgebildete Organizer*innen gehen gezielt in gewerkschaftlich wenig erschlossene Betriebe und versuchen dort, Beschäftigte vom Eintritt in eine Gewerkschaft zu überzeugen – mit dem Ziel, Tarifverträge durch einen Arbeitskampf abzuschließen. Weiterlesen

Sozialismus, aber grün

Nicht das Individuum hat Verantwortung für die ökologische Umgestaltung, sondern die Gemeinschaft, sagt der Politologe Raul Zelik

Vielleicht ist es alles viel einfacher als gedacht. Vielleicht besteht die linke Utopie in dem, was man bereits Kindergartenkindern beizubringen versucht: teilen, sich einfühlsam verhalten und zusammenarbeiten. Warum aber erscheinen dann neue Bücher, die den Versuch unternehmen, eine neue linke Erzählung zu präsentieren oder dem Begriff des Sozialismus neues Leben einzuhauchen? Weil die Sache wohl doch etwas komplexer ist. Ein Mindestmaß an dialektischer Intelligenz sei vonnöten, schreibt der Berliner Politikwissenschaftler und Schriftsteller Raul Zelik. Der Verfasser selbst wird diesem Anspruch in Wir Untoten des Kapitals über weite Strecken gerecht, nur manchmal schlägt die Dialektik in Ratlosigkeit um. Weiterlesen

Dämonen der digitalen Gegenwart

Die Ausstellung »Gute Aussichten 2019/2020« in den Hamburger Deichtorhallen fragt, welchen Bildern überhaupt noch zu trauen ist

Im ersten Moment wirken die Bilder wie Schlachtengemälde der alten Meister. Tritt man näher, bemerkt man jedoch, dass nichts klar zu erkennen ist. Hier der Umriss eines Maschinengewehrs, dort der eines Pick-ups mit bewaffneten Männern. Aber es könnte auch etwas anderes sein. Man ist förmlich gezwungen, in das Bild hineinzutauchen. Aber selbst dann: keine klaren Antworten, nur weitere offene Fragen. Weiterlesen

Leute wie Heinz-Georg Bederitzky

Für seinen Roman „Arbeit“ hat Thorsten Nagelschmidt Dutzende von Interviews geführt. Ein tolles Buch!

Die tägliche Arbeit am Band von VW, die eines Programmierers in einem IT-Unternehmen oder der Alltag hinter der Theke einer Bäckerei – das können sich Schriftsteller offenkundig nur schwer als Romanstoff vorstellen. Dass sich aus der vermeintlich langweiligen Welt der Lohnarbeit durchaus – und zwar hervorragende – Werke stricken lassen, hat zuletzt der Niederländer J.J. Voskuil mit seinem siebenbändigen Werk Das Büro gezeigt, in dem er den Arbeitsalltag in einem Volkskunde-Institut schildert. Weiterlesen

Wasserstoff – das Öl des 21. Jahrhunderts?

Die Bundesregierung hält es seit Kurzem mit Jules Verne. Der Begründer der Science-Fiction-Literatur schrieb vor über 150 Jahren: »Das Wasser ist die Kohle der Zukunft. Die Energie von morgen ist Wasser, das durch elektrischen Strom zerlegt worden ist. Die so zerlegten Elemente des Wassers, Wasserstoff und Sauerstoff, werden auf unabsehbare Zeit hinaus die Energieversorgung der Erde sichern.« Weiterlesen

Zu wenig und zu spät

Warum schon die Zielsetzung des Konjunkturpakets verkehrt ist

Der nüchterne Hanseat Olaf Scholz (SPD) griff bei der Vorstellung der Eckpunkte des Konjunkturpakets zur rhetorischen Bazooka. »Wir wollen mit Wumms aus der Krise kommen«, sagte er. Und in der Tat überraschte manches, was der Koalitionsausschuss Anfang Juni der Öffentlichkeit präsentierte. Die vom bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) geforderte Grenze von 100 Milliarden Euro wurde mit 130 Milliarden locker gerissen, es gibt keine Autokaufprämie für Dreckschleudern und für ein halbes Jahr soll die Mehrwertsteuer gesenkt werden. Weiterlesen

EZB-Urteil: Lob von rechts

Stand Ende März liefen 76 EU-Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland. Bald könnte ein weiteres hinzukommen. Derzeit nämlich prüft die EU-Kommission, ob sie gegen die Bundesrepublik vorgeht, weil das Bundesverfassungsgericht am 5. Mai mit markigen Worten dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) die Gefolgschaft verweigert hat. Gegenstand des Streits: das Anleihekaufprogramm der Europäischen Zentralbank (EZB) von 2015. Der EuGH hatte dieses gebilligt. Das werteten die Karlsruher Richter als »schlechterdings nicht mehr nachvollziehbar« und »willkürlich«, weil die Verhältnismäßigkeit und die wirtschaftlichen und sozialen Folgen für die EU-Bürger*innen ausgeklammert worden seien. Weiterlesen

Wie kommt es zu negativen Ölpreisen?

In der Nacht vom 20. auf den 21. April passierte Ungewöhnliches: Erstmals in der Geschichte des Kapitalismus wurde eine der wichtigen Rohölsorten, das US-Öl WTI (West Texas Intermediate), zu Minuspreisen gehandelt. Das heißt, Käufer wurden für den Erwerb mit phasenweise bis zu 40 US-Dollar pro Fass belohnt! Nach negativen Zinsen, Anleihen und Strompreisen an der Börse gibt es nun auch noch das: negative Ölpreise.

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Wenn ein Virus die Wirtschaft infiziert

Die Corona-Pandemie legt die Sollbruchstellen des neoliberalen Kapitalismus offen – erste Tendenzen der Reparaturmaßnahmen zeichnen sich ab

Die Welt hat sich in den vergangenen drei Monaten dramatisch verändert«, so zitieren Medien kurz nach Ostern den Internationalen Währungsfonds (IWF). Es ist nur eine von vielen Aussagen, die verdeutlichen sollen, dass die wirtschaftliche Krise infolge der Corona-Pandemie anders ist als alle anderen zuvor. IWF und Weltbank rechnen mit einer globalen Rezession. Wie tief diese sein wird, bleibt trotz zahlreicher Prognosen ein Stochern im Nebel. Wir wollen trotzdem einen Blick in die Zukunft wagen. Weiterlesen

Wenn Finanzanleger Tote zählen

Mithilfe von Anleihen sollen in armen Ländern beim Ausbruch von Pandemien Menschenleben gerettet werden. Doch auch im Fall des Coronavirus dürften am Ende die Investoren die zynischen Wetten gewinnen.

Den ärmsten Staaten im Fall von Seuchen und Pandemien frühzeitig und umfassend helfen: So lautete das grosse Versprechen der Weltbank, als sie 2017 Pandemieanleihen auf den Weg brachte. Mit der globalen Verbreitung des Coronavirus sind diese Anlagevehikel in den Fokus einer breiteren Öffentlichkeit gerückt. Und damit auch die Frage: Halten die Wertpapiere tatsächlich, was sie versprechen? Weiterlesen